Lieblingsziele

Als der Stand der Technik wesentlich rustikaler und die Winter noch härter waren als heute, blieb Andorra in der kalten Jahreszeit komplett von der Außenwelt abgeschottet. Alte Fotos zeigen, wie Männer die Grenzstraßen des Zwergstaats in den Pyrenäen im Frühling von den letzten Schneewänden freischippten und die Menschen auf der anderen Seite freudig begrüßten. Heute ist es unwahrscheinlich, dass der Schnee Andorra isoliert. Doch das kleine, bergige Land versprüht immer noch nostalgischen Charme und den Frohsinn seiner Bewohner. Und wir haben noch weitere gute Gründe für eine Reise nach Andorra!
Andorra zählt zumindest für europäische Standards noch zu den Geheimtipps unter den Urlaubsländern. Mit gut drei Millionen Besuchern im Jahr 2017 lag der Zwergstaat im internationalen Vergleich auf Rang 72 der meistbesuchten Länder der Welt. Spitzenreiter der Liste sind dabei ausgerechnet Andorras direkte Nachbarn Frankreich mit fast 87 Millionen Besuchern und Spanien mit knapp 82 Millionen Gästen. Das Spannende ist allerdings, dass die Zahlen in Andorra stark rückläufig sind: Vor zehn Jahren kamen noch gut neun Millionen Menschen, die meisten davon allerdings als Tagestouristen. Auf künftige Urlauberströme ist das Land also bestens vorbereitet.
Bis 2006 gab es in Andorra noch nicht einmal eine Mehrwertsteuer, bis heute liegt sie spektakulär niedrig bei 4,5 Prozent im Normalsatz. Dasselbe gilt für die Umsatzsteuer und die Zölle – willkommen in Andorra, dem Paradies für Luxus- und Powershopper! Die Hauptstadt Andorra la Vella ist mit rund 23.000 Einwohnern zwar eigentlich eher ein großes Bergdorf, trotzdem reihen sich hier die Läden namhafter Designer aneinander. Zu den bekanntesten Kaufhäusern zählt das Pyrénées Andorra, das alle wichtigen Marken führt. Außer Mode und Schmuck gehören Lebensmittel und besonders Tabak und alkoholische Getränke zu den beliebtesten Produkten bei einkaufsfreudigen Besuchern.
Im Sommer bieten die kühlen Höhen Andorras eine erfrischende Abwechslung zur sengenden Hitze in den Küstenregionen. Schafe und Kühe grasen auf grünen Wiesen und besonders in der naturbelassenen Idylle des Vall del Madriu-Perafita-Claror im Südosten lassen sich Tiere wie Gämsen, Dachse, Steinadler, diverse Geierarten und Murmeltiere erspähen. Das Gletschertal gehört zum Welterbe der UNESCO und erstreckt sich über neun Prozent der Fläche des gesamten Staats. Im Winter bietet das Land, das sich über ein Hochtal der Pyrenäen erstreckt, beste Bedingungen für Wintersportler.
Im Durchschnitt liegt Andorra auf 2.000 Metern Höhe und nennt mit Grandvalira das größte Skigebiet der Pyrenäen sein Eigen. Auf seinen 128 Pisten von insgesamt 120 Kilometern Länge fühlen sich vor allem Familien und Jugendliche wohl. Die beiden Skigebiete um Vallnord sind um einiges kleiner, doch vor allem Vallnord/ Pal-Arinsal – La Massana bietet ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis. Insgesamt gibt es in Andorra rund 300 Pistenkilometer und 100 Lifte, die pro Stunde 156.000 Skifahrer befördern können.
Wer durch die Landschaft von Andorra streift, kommt nicht um sie herum: archaisch wirkende, schnörkellose Kirchen aus Granit. In der Tat sind die Gotteshäuser ein Relikt aus der Blütezeit der Romanik in Andorra. Viele stammen aus dem 11. und 12. Jahrhundert und erscheinen von außen schlicht, bieten innen aber prunkvolle Verzierungen sowie Wandmalereien. Zu den bedeutendsten Bauten zählen das Ensemble von Santa Coloma d’Andorra, das in Teilen sogar aus dem 6. bis 8. Jahrhundert stammt, sowie die Kirchen Sant Climent von Pal, Sant Martí von La Cortinada, Sant Romà von Les Bons, Sant Joan de Caselles in Canillo und Santa Eulalia in Encamp.
Wie überall, wo das Leben traditionell von Kälte und Entbehrungen geprägt ist, setzt auch die andorranische Küche auf herzhafte und gehaltvolle Gerichte. Fleisch spielt dementsprechend eine wichtige Rolle in dem Zwerg- und Bergstaat, gerne gebraten oder gegrillt. Besonders beliebt ist Schweinefleisch, aber auch Wild und Kaninchen kommen oft auf den Tisch. Insgesamt ähnelt die Küche der katalanischen. Typische Gerichte sind Kaninchen mit Tomaten („conill amb tomàquet“), das Eintopfgericht „Trinxat“ aus Kartoffeln, Kohl und Speck, Flussforelle Andorranisch oder das Pilzomelette „Truites de Carreroles“.
Psssst – nicht weitersagen! Andorra ist das optimale Ziel für alle, die ausgiebige Entspannung in luxuriöser Umgebung schätzen. Das Fürstentum beheimatet unter anderem das größte Berg-Spa in Europa: das Caldea Spa in Esclades-Engordany. Das große, mit Glas verkleidete und an eine Kirche erinnernde Gebäude bietet Wellness auf satten 32.000 Quadratmetern und mehreren Ebenen. Die verschiedenen Becken, Massagedüsen und Wasserfälle werden von einer natürlichen, heißen Quelle gespeist, die reich an Schwefel, Natrium, Sulfaten und Calcium ist. Doch damit nicht genug: Zahlreiche Hotels in Andorra verfügen über hochwertige Wellness-Bereiche – optimal nach dem Wandern, einem langen Tag auf der Piste oder einfach zum Genuss.
Wohl der beste Weg, Andorra kennenzulernen, ist ein Wanderweg. Beziehungsweise eine der 66 Routen, die Besucher durch die einmalig grüne Berg- und Pflanzenwelt des Landes führen. 90 Prozent der Fläche sind unbebaut, drei Naturparks, 24 Berghütten und mehr als 60 Gletscherseen bieten optimale Bedingungen für Wanderer. Vor allem in den Tälern von Sorteny, Comapedrosa und Madriu-Perafita-Claror – also die Schutzgebiete – gibt es Wege für jeden Geschmack und alle Schwierigkeitsstufen. Wer möchte, kann in fünf bis sieben Tagen sogar das ganze Land durchqueren.
Es ist schon fast seltsam, dass sich so viele Museen auf so engem Raum tummeln, aber es ist so: Mehr als 20 Museen in Andorra gewähren Einblick in ganz verschiedene, spannende Welten. Das Sanktuarium Nostra Senyora de Meritxell ist der Schutzheiligen und den religiösen Traditionen des Landes gewidmet. Gleich zwei ethnographische Museen, die Casa Cristo und die Casa Rull, zeigen das Alltagsleben des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, das von harter Arbeit und Sparsamkeit einer bäuerlichen Gesellschaft geprägt war. Die Kunst des Bildhauers Josep Viladomat gibt es im Centro de Arte de Escaldes-Engordany. Auch der Tabak-, Automobil- und Parfümindustrie sowie dem Postwesen des Landes sind eigene Museen gewidmet.
Zugegeben, die Anreise nach Andorra könnte leichter sein. Das Land hat keinen Flughafen und ist nur über Straßen erreichbar, was übrigens nicht für viele Länder der Welt gilt. Allerdings liegen fünf internationale Flughäfen in rund 200 Kilometern Entfernung, allen voran: Barcelona. Die Autofahrt von der Mittelmeermetropole zum Fürstentum dauert etwa drei Stunden. Deswegen ist ein Tagestrip von Barcelona nach Andorra zwar möglich, aber wird dem kleinen Land eigentlich nicht gerecht. Im Zweifel lohnt sich die Reise trotzdem. Erst recht, wenn der geneigte Urlauber für ein, zwei Nächte im Zwergstaat bleibt.
Die reinen Kilometer hören sich fast albern an: Andorras Straßennetz kommt auf eine Gesamtlänge von 269 Kilometern. Davon wiederum sind 198 Kilometer asphaltiert. Es gibt sechs Haupt- und diverse Nebenstraßen, alle Grenzübergänge liegen an den Hauptstraßen („carreteres generals“, kurz CG). Optimale Bedingungen also, um wortwörtlich alle Straßen des Landes abzufahren. Wer nicht selbst fahren will, kann eine der insgesamt sechs Überlandlinien des offiziellen Busverkehrs nutzen. Schienenverkehr gibt es in Andorra nicht.
Andorra hat kein eigenes Postwesen, nutzt dafür aber gleich das spanische und das französische System. Schulsysteme gibt es ebenfalls mehrere: französisch, spanisch und andorranisch. Das Fürstentum kommt seit seiner Gründung 1278 ohne Kriege aus. Außerdem ist es das einzige Land der Welt, das – zumindest symbolisch – von zwei Kofürsten aus dem Ausland regiert wird: Dem Bischof von Urgell und dem französischen Präsidenten. Bis 2014 hatte Andorra keine eigene Währung und nutzte einst spanische Peseten, französische Francs und später den Euro. Andorra gehört aber nicht zur EU. Trotzdem hat das Land seit 2014 seine eigenen Euromünzen, die sehr selten und dementsprechend begehrt sind. Und obendrein scheint in Andorra an etwa 300 Tagen im Jahr die Sonne.
Die Zeiten haben sich geändert und selbst in der einstigen Steueroase Andorra sind die Steuersätze nicht mehr ganz so paradiesisch wie einst. Inzwischen gibt es nicht nur eine Mehrwert-, sondern auch Erbschafts- und Einkommensteuer. Die Sätze sind im Vergleich zu anderen Ländern allerdings weiter sehr niedrig. Andorra geht aber nicht nur mit dem Kapital, sondern auch mit sexuellen Vorlieben wesentlich liberaler um als andere Staaten: Homosexualität ist bereits seit 1970 nicht mehr strafbar und bereits seit 2005 sind eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesetzlich anerkannt.
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