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Deftig, üppig, vielfältig: Ein köstliches Kaleidoskop an regionalen Gerichten setzt sich zu dem zusammen, was die deutsche Kochkunst im Ganzen ausmacht. Ob Obazda oder Baumkuchen, Leipziger Allerlei oder Pellkartoffeln mit Grüner Soße – wer in Zeiten von Reiseeinschränkungen auch für die Seele essen will, muss nicht in die Ferne schweifen. Willkommen zur Schlemmerreise für den Heimaturlaub – mit Rezepten für jeweils vier Personen!
Übrigens
Julia Wöhrle CHECK24 Reise-Redaktion
Auch die Frau Redakteurin durfte bei der Recherche feststellen, dass sie als engagierte Esserin zwar thailändisch und mexikanisch kochen kann, aber noch nie Grünkohl mit Pinkel gegessen hat. Es lohnt sich also einmal mehr, einen kleinen Ausflug in die Küchen der Republik zu unternehmen!
01
Das Sonntagsessen der Schwaben: Zwiebelrostbraten
Baden-Württemberg jenseits von Maultaschen und Spätzle
Die schwäbischen Klassiker Maultaschen und Spätzle haben es längst industriegefertigt in bundesdeutsche Kühlregale geschafft. Auch die badische Schwarzwälder Kirschtorte ist weltweit bekannt. Die Redakteurin kommt aus dem Herzen des Ländles und weiß daher um die lukullischen Schätze ihrer Heimat. Sobald sie sie selbst halten können, nuckeln schwäbische Kinder an Brezeln, später wachsen und gedeihen sie mit Spätzle und Soß‘, bis sie sich schließlich ihr eigenes Stück Zwiebelrostbraten verdient haben – das exklusivste Stück Fleisch der schwäbischen Küche. Die Roastbeefscheiben werden in Mehl gewendet, scharf angebraten und mit einer Haube aus gerösteten Zwiebeln serviert. Dazu gibt es Bratkartoffeln oder natürlich Spätzle und ein Rotweinsößle.
Rezept: Schwäbischer Zwiebelrostbraten
4 Scheiben Rostbraten mit Fettrand, etwa 3 cm dick
Mehl zum Wenden
2 Zwiebeln, in Ringe geschnitten
Öl und Butter oder Butterschmalz zum Anbraten
Salz und Pfeffer, optional: Senf
Zubereitung:
Zwiebeln in Butter braun rösten und beiseitestellen. Das Fleisch leicht anklopfen, Fett- und Hautränder nicht wegschneiden und rundum alle 1,5 Zentimeter einschneiden. So wellt sich das Fleisch beim Braten nicht. Salzen, pfeffern, auf Wunsch dünn mit Senf bestreichen und leicht in Mehl wenden. Öl oder Butterschmalz in der bereits benutzten Pfanne erhitzen und Rostbraten von beiden Seiten etwa zwei Minuten scharf anbraten. Anschließend bei 120 Grad im Ofen warmstellen und ziehen lassen. Für eine leckere Soße nochmal Butter aufschäumen und mit Rinderfond und Rotwein zum Sud aufkochen. Zwiebeln auf Rostbraten geben und im Sud mit Beilagen servieren.
Die Bayern mögen’s traditionell deftig und bodenständig: vom Weißwurstfrühstück über Schweinshaxen mit Sauerkraut bis zum Fleischpflanzerl. Der Einfluss der böhmischen und österreichischen Küche zeigt sich in der Liebe zum klassischen Schweinebraten mit Klößen, aber auch in süßen Mehlspeisen wie Buchteln, Apfelstrudel und Germknödeln. Kurzum: Es dauert seine Zeit, um sich durch die Leibspeisen der Bayern zu essen. Wem so viel Fleisch und Backen zu kompliziert ist, weicht auf einen so schnellen wie beliebten Klassiker aus dem Biergarten zurück: Obazda. Einst erfunden, um überreife Käse in eine genießbare Form zu bringen, eignet sich die würzige Käsecreme für die Brotzeit oder als Snack beim Filmeabend zu Hause.
Rezept: Obazda
1 mittelgroße Zwiebel, fein gehackt
200 g reifer Camembert
100 g Doppelrahm-Frischkäse
40 g weiche Butter
1 TL Paprika, edelsüß
1 TL Kümmel
Salz und Pfeffer
1 Bund Schnittlauch, gehackt zum Servieren
Brezeln oder Salzstangen
Zubereitung:
Zunächst den Käse zerkleinern und mit einer Gabel zerdrücken. Dann Frischkäse, Butter und Gewürze beimengen und alles mischen – fertig! Mit Schnittlauch bestreuen und zu Brezeln, Salzstangen oder Brot nach Wunsch servieren.
Ähnlich wie in Baden-Württemberg und Bayern vereint auch die hessische Küche je nach Region verschiedene Einflüsse. Dass der Nordhessische Nesterhebbes seine würzige Fleischfüllung im Kloßteig aus Kartoffeln versteckt, hat historische Gründe: So verbargen die Bauern das kostbare Gut vor den Lehnsherren, denen sie zu Abgabe von Ernteerzeugnissen und Vieh verpflichtet waren. Der Klassiker von Südhessen ist dagegen die Grüne Soße, die aus Frankfurt am Main nicht wegzudenken ist. Die frische Kräutersoße gibt’s schlicht zu Pellkartoffeln, aber auch zu Rindfleisch und Fisch. Dazu ein spritziges Glas Ebbelwoi (Apfelwein) und das kulinarische Glück ist perfekt.
Rezept: Frankfurter Grüne Soße
300 g Kräuter für Grüne Soße: Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer, Schnittlauch
250 g saure Sahne
250 g Naturjoghurt
1 EL Senf
Salz und Pfeffer
2 hart gekochte Eier, fein gehackt
Zubereitung:
Kräuter waschen, Blätter abzupfen und mit der sauren Sahne im Mixer fein hacken. Joghurt und Senf unterrühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken und gehackte Eier unterheben. Mit Pellkartoffeln servieren.
Im Saarland wurde traditionell sehr reichhaltig gegessen, um die Arbeiter in Eisenhütten, Bergwerken und Landwirtschaft bei Kräften zu halten. Obendrein mussten die Lebensmittel – wie vielerorts – möglichst günstig und leicht erhältlich sein. Der Dibbelabbes ist dafür ein perfektes Beispiel. Für den Auflauf wird eine Masse (Labbes) aus Kartoffeln, Zwiebeln, Fleisch oder Wurst und Eiern in einen gusseisernen Topf (Dibbe) gefüllt und im Ofen gebacken. Das Gericht gibt es unter verschiedenen Namen auch im Hunsrück, in der Eifel und Westpfalz, dem Rheinland und an der Mosel. Das einst so einfache Saarland ist inzwischen das Bundesland mit der höchsten Anzahl an Michelin-Sternen pro Einwohner.
Rezept: Dibbelabbes
1,5 kg festkochende Kartoffeln, gerieben
500 g Schweineschulter oder Dörrfleisch (z.B. Räucherspeck), klein geschnitten
3 Zwiebeln, gehackt
3 Eier
1 Becher Sahne
Salz, Pfeffer, Muskat, Maggi
Zubereitung:
Fleisch und Zwiebeln schneiden und anbraten. Danach mit den geschälten und geriebenen Kartoffeln mischen, Eier, Sahne und Gewürze zugeben und alles mischen. Die Masse in einen Bräter geben und bei geschlossenem Deckel zwei Stunden lang bei 200 Grad backen. Danach Ofen auf etwa 120 Grad stellen und noch eine Stunde weiterbacken und Deckel abnehmen, um den Bräunungsgrad anzupassen. Mit Apfelkompott und/oder Endiviensalat servieren.
Pfälzer Saumagen: Helmut Kohls Leib- und Magenspeise
Deftiges aus Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz wächst nicht nur viel Wein, sondern auch allerhand Tropisches wie Kiwis, Mandeln und Feigen. Traditionell ist die Küche aber auch hier habhaft und für arme Leute, die hart arbeiten mussten. Es ist Helmut Kohl zu verdanken, dass der Pfälzer Saumagen zu internationaler Berühmtheit gelangte: Der Altkanzler ließ Staatsgäste wie Margaret Thatcher, Bill Clinton und Michail Gorbatschow mit dem in einem Saumagen gegarten Gericht aus Schweinefleisch, Brät und Kartoffeln bewirten. Die „Pfälzer Dreifaltigkeit“ oder Pfälzer Platte setzt noch einen drauf: Sie kombiniert eine Saumagenscheibe mit Leberknödel, Bratwurst, Sauerkraut, Bratensoße und Brot. Dazu passt ein Glas trockener Riesling. Natürlich auch aus Rheinland-Pfalz.
Rezept: Pfälzer Saumagen
1 frischer Saumagen, beim Metzger vorbestellen
250 g Schweinebauch ohne Schwarte, gewürfelt
250 g Dörrfleisch oder roher Schinken ohne Schwarte, gewürfelt
250 g Kartoffeln, geschält und gewürfelt
250 g Bratwurstbrät
1 Ei
Salz, Pfeffer, Muskat, Majoran
Zubereitung:
Zunächst den Saumagen gründlich mit Wasser reinigen. Kartoffeln fünf Minuten kochen, abseihen und mit Schweinebauch, Dörrfleisch und Brät mischen. Ei hinzugeben und kräftig würzen. Die Masse locker in den Saumagen füllen, damit er beim Garen nicht aufplatzt. Magenöffnungen gut abbinden und Saumagen vier Stunden in heißem, aber auf keinen Fall kochendem Wasser ziehen lassen und mehrfach wenden. Den fertigen Saumagen abtropfen lassen und in 1,5 Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Diese direkt mit Sauerkraut und Brot anrichten oder noch auf beiden Seiten anbraten.
Nordrhein-Westfalen hat innerhalb der deutschen Regionalküchen eine Sonderstellung. Schließlich durchzieht der „Weißwurstäquator“ das Bundesland. Das von der süddeutschen Küche geprägte Rheinland trifft hier auf die westfälischen Gerichte mit norddeutscher Note. Der Rheinische Sauerbraten begegnet dem Westfälischen Blindhuhn, der Pumpernickel dem Röggelchen. Letzteres ist fester Bestandteil eines in Köln besonders beliebten Kneipensnacks: dem Halven Hahn. Genau wie das Westfälische Blindhuhn kommt auch der Halve Hahn ganz ohne Hähnchenfleisch aus. Das einfache Gericht kombiniert das Roggenbrötchen mit einem ordentlichen Stück mittelaltem Gouda, saurer Gurke, Zwiebelringen, Senf und einer Prise Paprikapulver.
Rezept: Halver Hahn
1 Roggenbrötchen/Röggelchen
Butter zum Bestreichen
1 dicke Scheibe mittelalter Gouda, etwa 125 g
1 Gewürzgurke
Senf
Zwiebelringe
Paprikapulver, rosenscharf
Zubereitung:
Einfacher geht es kaum: Brötchen halbieren, mit Butter bestreichen und mit dem Käse belegen. Nach Belieben mit Gewürzgurke, Zwiebeln und Senf garnieren und mit Paprikapulver bestreuen.
Auch in Thüringen regiert die bodenständige Hausmannskost – fleischbetont, aber auch mit fruchtiger Komponente. Denn in den fruchtbaren Anbaugebieten in der Mitte des Landes gedeihen Obst und Gemüse. Als Nationalgericht der Thüringer gelten die Thüringer Klöße aus Kartoffeln. Deutschlandweit bekannt ist auch die Thüringer Rostbratwurst. Die Klöße dürfen auch beim klassischen Festessen als Beilage für Rinderrouladen mit Apfelrotkohl und Bratensoße nicht fehlen. Dazu gibt es Pilsener oder Schwarzbier, gerne aus einer der landeseigenen Brauereien in Altenburg, Apolda, Bad Köstritz und Gotha.
Rezept: Thüringer Klöße
2 kg Kartoffeln, mehlig kochend
2 Brötchen, gewürfelt
Salz
Butter
Zubereitung:
1,5 Kilogramm der Kartoffeln schälen, fein reiben und kräftig, beispielsweise mit einem Leinentuch, auspressen. Das Kartoffelwasser aufbewahren und die Stärke absetzen lassen. Die übrigen Kartoffeln in Salzwasser kochen und pürieren. Heißes Püree und rohe Kartoffelmasse mischen, salzen und die Stärke aus dem Kartoffelwasser zugeben. Bevor die Klöße geformt werden Brötchenwürfel in Butter anrösten. In die Mitte jedes Kloßes einen Würfel einrollen. Die Hände vor jedem Kloßformen in kaltes Wasser tauchen. Klöße in Salzwasser 20 Minuten garziehen lassen. Die Klöße dürfen sich nicht berühren und sind gar, wenn sie an der Oberfläche schwimmen. Perfekt für Braten, Gulasch oder Rouladen und wenn’s schneller gehen soll, einer Thüringer Rostbratwurst.
Von den Gipfeln und Tälern des Harzes hat sich der pikante Geruch des Harzer Käses in ganz Deutschland verbreitet. Ansonsten sind es vor allem süße Gerichte und Marken, die als kulinarisches Alleinstellungsmerkmal für Sachsen-Anhalt stehen. Zum Beispiel die Halloren-Kugeln aus Halle und die Bambina-Schokolade aus Zeitz. Auch wer qualitativ hochwertigen Baumkuchen essen möchte, kommt an Sachsen-Anhalt nicht vorbei. Denn der jahrhundertealte, in dünnen Schichten gebackene „König der Kuchen“ trägt nur dann das EU-Gütezeichen für eine geschützte geographische Angabe (g.g.A.), wenn er aus Salzwedel kommt.
Rezept: Baumkuchen
250 g Butter
250 g Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
6 Eier, getrennt
150 g Mehl
100 g Speisestärke
3 TL Backpulver
100 g Marzipan
Bittermandelaroma
3 EL Amaretto
Vollmilchkuvertüre
Zubereitung:
Butter, Zucker, Vanillezucker, Eigelb und Bittermandelaroma schaumig rühren. Marzipan mit dem Amaretto erwärmen, mischen, zum Teig geben und gut unterrühren. Mehl, Stärke und Backpulver nach und nach hinzugeben. Eiweiß steif schlagen und unterheben. Backofen auf 1. Stufe des Grills stellen, drei Esslöffel Teig auf dem mit Backpapier ausgelegten Boden einer Springform verstreichen und etwa drei Minuten auf der untersten Schiene goldbraun grillen. Kuchen weiter Schicht um Schicht backen und dabei genau im Auge behalten, damit er nicht zu dunkel wird. Nach dem Abkühlen mit Vollmilchkuvertüre überziehen.
Was der Dresdener Christstollen für die Süßspeisen ist, ist das Leipziger Allerlei für das sächsische Gemüse. Das Gericht spiegelt durchaus den blühenden Reichtum der Messestadt wider. Denn neben jungen Erbsen, grünen Bohnen, Karotten und Spargel gehören auch möglichst frische Morcheln und Flusskrebse in das Leipziger Allerlei. Die Legende besagt, dass das Gericht entstanden ist, um die Stadt nach den napoleonischen Kriegen vor Bettlern und Steuereintreibern zu schützen. Die Leipziger gaukelten mit der Gemüseplatte ohne Fleisch bescheidene Verhältnisse vor, um die Steuern möglichst niedrig zu halten.
Rezept: Leipziger Allerlei
12 Krebsschwänze
15 g getrocknete Spitzmorcheln, in heißem Wasser eingeweicht
125 g Weißbrot, ohne Rinde, gehackt
200 ml Milch
1 Eigelb
30 g weiche Butter
1 Eiweiß, steif geschlagen
300 g Erbsenschoten
250 g Blumenkohlröschen
500 g Spargel, geschält
8 feine Möhrchen
50 g Butter
20 g Mehl
2 EL Weißwein
135 ml Sahne
Kerbel, Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Weißbrot mit warmer Milch übergießen. Butter unter Eigelb rühren, mit dem Brot mischen und Eischnee unterheben. Mit Salz abschmecken und kaltstellen. Spargel in Salzwasser mit einer Prise Zucker kochen und warmstellen. Im selben Wasser auch Blumenkohl, Möhren und Erbsen jeweils einzeln kochen und warmstellen. 250 Milliliter des Gemüsefonds abmessen. Morcheln ausdrücken und mit kaltem Wasser abwaschen und den Morchelfond durch ein Sieb passieren. Morcheln und Krebsschwänze in Butter heiß schwenken, salzen und warmstellen. In derselben Pfanne noch etwas Butter schmelzen, mit Mehl glattrühren und mit Gemüsefond, Morchelfond und Sahne aufgießen und aufkochen. Mit Salz, Pfeffer und Weißwein abschmecken. Alle Zutaten zusammen auf einem Teller anrichten, Soße darüber geben und servieren.
Fisch, Kartoffeln, Wild und Pilze bilden zentrale Bestandteile der brandenburgischen Küche. Gerichte wie Rehbratwurst mit Bratkartoffeln und Sauerkraut oder Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl sind typisch für das Bundesland. Die bekanntesten Produkte aus Brandenburg sind wiederum ganz andere und liegen sich im Geschmacksspektrum diametral entgegen: Während die eingelegten Spreewaldgurken für die gewisse Säure im Leben sorgen, verleiht das Fürst-Pückler-Eis ihm die nötige Süße. Einst bestand der helle Teil der dreifarbigen Eisspezialität aus Makronen. Heute bilden Schokoladen-, Vanille- und Erdbeer- oder Himbeereis die kaltköstliche Trikolore.
Rezept: Saure Spreewaldgurken
3 kg kleine, feste Gurken
6 Weinblätter
2 lange Stängel Dill mit Dolden
Weinrebe oder Sauerkirschblätter (so bleiben die Gurken knackig)
Frischer Estragon
Zwiebelringe
2 Handvoll Salz
Zubereitung:
Gurken waschen und abtrocknen, mit Salz einreiben und über Nacht stehenlassen. Boden eines 5-Liter-Steinguttopfes mit Wein- oder Kirschblättern auslegen. Gurken, Dill, Estragon und Zwiebeln fest in dem Topf schichten und mit Salzlösung (40 Gramm Salz auf einen Liter Wasser) übergießen bis die Gurken gut bedeckt sind. Alles mit einem Brettchen und Stein beschweren. Topf mit einem Tuch abdecken und Inhalt etwa sechs bis zehn Tage bei Raumtemperatur ziehen lassen. Gurken dann an einem kühleren Ort lagern. Die Gurken werden jetzt glasig-grün und bekommen ihren typisch sauren Geruch, während die Flüssigkeit leicht milchig wird und sich an der Oberfläche eine dünne Schimmelschicht bildet. Keine Sorge, auch der gehört dazu.
Lang bevor sich in Berlin die größte türkische Gemeinde außerhalb der Türkei und Spaniens ansiedelte, brachten Einwanderer aus Böhmen, Schlesien, Ostpreußen und die französischen Hugenotten ihre Kochtraditionen in die Hauptstadt. Die preußisch-protestantische Küche an der Spree reagierte auf so viel Exotik häufig mit Vereinfachung. Traditionelles Berliner Essen wird weder aufwendig zubereite, noch raffiniert gewürzt. Eisbein, Buletten, Bismarckhering und Currywurst sind bis heute beliebt. Zum Runterspülen steht dafür oftmals eine erfrischende Berliner Weiße bereit.
Rezept: Berliner Weiße
4 Flaschen Weißbier
8 EL Waldmeister- oder Himbeersirup
4 EL Zitronensaft
Zubereitung:
Gekühltes Bier in ein Glas geben und mit jeweils zwei Esslöffel Sirup und einem Esslöffel Zitronensaft mischen.
In Mecklenburg-Vorpommern ist eindeutig die Küche des Nordens angesagt. Bodenständig und deftig umfasst sie unter anderem Kartoffel-, Gans- und Wildgerichte, Backobst und geräucherten Fisch. Bismarckhering, gebratener Räucheraal und Backfisch zaubern einem auch beim Urlaub in den eigenen vier Wänden den Geschmack der Ostsee auf die Zunge. Naschkatzen erfreuen sich an Holundersuppe mit Grießklößen, Roter Grütze oder Sanddorntorte. Überhaupt ist der Sanddorn typisch für die Region. Die Vitamin-C-reichen Früchte werden zu Wein, Likör, Saft oder Marmelade verarbeitet.
Rezept: Sanddorn-Marmelade
500 g Sanddornbeeren
475 g Gelierzucker 1:1
50 ml Orangensaft
Zubereitung:
Sanddorn vorsichtig waschen und gut abtropfen lassen. Anschließend in einem großen Topf bei niedriger Temperatur so lange kochen, bis die Beeren im eigenen Saft zerfallen. Sanddorn durch ein feines Sieb passieren und das Mus gut mit dem Zucker vermischen. Unter Rühren langsam bei mittlerer Hitze aufkochen und etwa fünf Minuten kochen lassen. Sobald die Marmelade bei der Gelierprobe die gewünschte Konsistenz zeigt, den Orangensaft unterrühren und die Marmelade in gut ausgekochte Gläser füllen. Deckel sofort fest schließen und die Sanddorn-Marmelade abkühlen lassen.
Suppen, Eintöpfe, Kochwürste und Fisch sind typisch für die niedersächsische Küche. Kartoffeln kommen als Lieblingsbeilage rund ums Jahr zum Einsatz, im Winter macht ihnen allerdings der Grünkohl stramme Konkurrenz. Der kommt auch bei einem norddeutschen Klassiker zum Einsatz, der auch in anderen Bundesländern im Norden beliebt ist: Grünkohl mit Pinkel oder Kassler. Die Ostfriesische Teekultur, Biersorten mit teils jahrhundertelanger Tradition und der international Exportschlager Jägermeister prägen die flüssige Komponente der niedersächsischen Küche.
Rezept: Grünkohl mit Pinkel
1 kg Grünkohl
2 Zwiebeln
2 EL Gänseschmalz
300 ml Gemüsebrühe
2 Kartoffeln, mehligkochend, gerieben
250 g Schweinebauch
250 g Räucherspeck
4 Pinkel (Grützwurst)
Salz, gewürfelt
Zubereitung:
Grünkohl waschen und abtropfen lassen. Grobe Stiele entfernen und klein zupfen. Salzwasser zum Kochen bringen und Kohl bei schwacher Hitze etwa zehn Minuten garen. Danach abgießen, abtropfen lassen und grob hacken. Zwiebeln in Schmalz glasig dünsten, dann Grünkohl, Kartoffeln und 150 Milliliter Brühe dazugeben. Schweinebauch hinzugeben, restliche Brühe aufgießen und abgedeckt etwa eine Stunde schmoren. Speck dazugeben und eine weitere Stunde schmoren. Würste einstechen und im Kohl etwa 20 Minuten garen lassen. Grünkohl mit Salz abschmecken, Fleisch in Stücke schneiden und Grünkohl, Pinkel und Fleisch mit Salzkartoffeln und Senf servieren.
Natürlich sind Bremen und Hamburg „nur“ Städte und natürlich sind sie fest in die Kultur der norddeutschen Küche eingebunden. Doch der Status als Hansestädte hat auch einigen individuellen und internationalen Luxus mit sich gebracht, der dem Umland verwehrt geblieben ist. So ist der für Hamburg typische, in Madeira-Wein eingelegter Ochsenschwanz auf den Handel mit Portugal zurückzuführen. Bremen ist bis heute bekannt für seine Hochzeitssuppe, das Bremer Kükenragout, den Bremer Labskaus und die süßen Bremer Kluten. Das Labskaus, ein Seefahrergericht aus Kartoffeln und Rindfleisch mit Roter Bete und Matjes, ist allerdings auch in Hamburg sehr beliebt. Und egal ob Hamburg oder Bremen – dazu gibt es, Handel sei Dank, Weine aus Spanien, Portugal oder Frankreich.
Rezept: Bremer Labskaus
500 g gepökelte Rinderbrust
1,5 l Wasser
500 g Kartoffeln, mehligkochend
3 Zwiebeln
250 ml Brühe
1 Gewürzgurke, gewürfelt
300 g Matjes-Hering
1 Apfel
150 g Rote Bete
1 TL Butter
4 Eier
1 Lorbeerblatt
5 bunte Pfefferkörner
2 Gewürznelken
Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Äußere Fettschichten vom Fleisch abschneiden, Rinderbrust in einen Topf legen und mit Wasser bedecken. Lorbeerblatt, Nelken und Pfeffer hinzufügen. Einen Deckel auflegen, aufkochen und bei mittlerer Hitze 90 Minuten garen lassen. Kartoffeln in reichlich Salzwasser kochen. Zwei Zwiebeln schälen und vierteln und anschließend Fleisch, Kartoffeln und Zwiebeln durch die feine Scheibe des Fleischwolfs drehen. Bremer Labskaus in einen Topf füllen. Mit Pfeffer und wenig Salz würzen. Nach und nach die Brühe unterrühren, bis das Labskaus geschmeidig wird und Gewürzgurke untermischen. Matjes mit jeweils zwei Apfelspalten und Zwiebelringen belegen. Matjes aufrollen und mit Holzspießen feststecken. Vorgekochte Rote Beete in Scheiben schneiden und Spiegeleier in Butter braten. Bremer Labskaus, Matjes und rote Beete mit Spiegel Ei anrichten.
Die schleswig-holsteinische Küche schmeckt nach Dänemark und Friesland. Die Nähe zum Meer und das eher raue Klima beeinflussten dabei, welche Produkte überhaupt verfügbar waren. Eine besondere Vorliebe dieser Regionalküche ist es, Süßes mit Saurem oder Salzigem zu kontrastieren. Im Dialekt heißt das Broken sööt (Gebrochene Süße) oder söötsuur (süßsauer). Ein besonders typisches Beispiel hierfür ist das Spätsommergericht „Beer’n, Boh’n un Speck“, sprich: Birnen, Bohnen und Speck. Nicht, dass das Gericht an warmen Tagen besonders leicht im Magen liegt, aber Birnen gab es traditionell eben vor allem im August und September.
Rezept: Birnen, Bohnen und Speck
400 g Speck am Stück
2 Zwiebeln
1 l Wasser
500 g frische Bohnen
1 TL Bohnenkraut
4 Birnen
Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Zwei Scheiben vom Speck abschneiden, in Streifen schneiden und beiseitestellen. Eine Zwiebel vierteln und zusammen mit dem Speckstück im Wasser zum Kochen bringen. Mit Deckel bei niedriger Temperatur etwa 50 Minuten garen. In der Zwischenzeit Bohnen waschen, Enden abschneiden und nach Wunsch kleinschneiden. Fleisch aus dem Sud nehmen und ganze Birnen in dem Sud etwa fünf Minuten köcheln lassen. Bohnen, Bohnenkraut, Salz und Pfeffer hinzufügen und nochmal zehn bis 15 Minuten garen, bis die Bohnen bissfest sind. Währenddessen Speck in dicke Scheiben schneiden und wieder in den Eintopf legen. Die vorbereiteten Speckstreifen mit einer halben, gewürfelten Zwiebel glasig braten. Eintopf mit Salz- oder Pellkartoffeln servieren, diese mit den gebratenen Speck- und Zwiebelwürfeln bestreuen.
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Wer schreibt hier?
Julia Wöhrle
„Mich brennt's in meinem Reiseschuh“ habe ich schon als Kind bei den mir unliebsamen Wanderurlauben in den Alpen geträllert. Inzwischen entscheide ich selbst, wo die Reise hingeht: Mal nach Island, mal nach Belize, aber dann war es doch immer wieder Spanien und ganz besonders oft und gerne Sevilla. Meine Begeisterung für fremde Länder, Menschen, Sitten und Gerichte fließt immer auch in meine Blogartikel ein.